sehr boese."
Da brummte sie Stefenson an:
"Das kann man nicht sagen, du Gaenschen! Manche Menschen koennen nicht mal
richtig dafuer, dass sie verrueckt sind."
"Wieso nicht?"
"Das verstehst du nicht. Das versteht selbst unter den grossen Menschen von
Tausenden kaum einer richtig."
"Du hast aber gesagt, sie ist verrueckt, und du hast es boese gesagt",
verharrte das Kind.
"Dann habe ich eben eine Dummheit gesagt. Denn ich kenne die Frau nicht
und kann daher auch nicht wissen, ob sie verrueckt oder boese ist."
"Boese ist sie", wiederholte Luise; "denn sie hat mich sehr gequetscht und
mich auch in die Wange gebissen. Sie soll nicht wiederkommen."
Grau rann der Regen ueber das Wagenfenster.
All unsere frohe Laune war dahin. Schwache, gedrueckte Menschen, sassen wir
da im Zuge, der uns schnell davonfuehrte und eine grosse Strecke zwischen
uns und die Suenderin legte, die uns gestoert hatte in unserer
Behaglichkeit, und die wir daher nicht rasch und rauh genug abschuetteln
konnten.
Der goettliche Freund Mariens von Magdala fiel mir ein. Wie haette er wohl
gehandelt in meinem Falle? Haette er die Arme beiseitegestossen, sich einen
Beamten kommen lassen und sich hinter "gesetzliches Recht" verschanzt?
Waere er dann weitergefahren, fast hinweg ueber den zuckenden Leib, und
haette er der Fliehenden nachgeschaut vom sicheren Fenster aus, mit
hochmuetigem Abscheu in der Seele? Oder waere ihr der Meister nachgegangen,
haette sie an der Hand genommen und ihr, wenn sie guten Willens war, ein
Zweiglein vom verlorenen Mutterkranz wieder versprochen, ihr ein klein
wenig goldene Kindesliebe fuer die Zukunft verheissen?
Ferien vom Ich!
Ich werde mich vor allen Dingen erloesen muessen von allem kalten Hochmut
des Herzens und allem auch noch so "gesetzmaessigen" Zurueckstossen der
Schwachen und Schuldigen ...
BAUERNANWERBUNG
In S. mieteten wir einen Wagen und ein Pferd und machten ein paar
ergebnislose Besuche auf den umliegenden Doerfern. Wie die Werber fuer eine
Freiwilligenlegion kamen wir uns vor. Auf der Landstrasse trafen wir aber
eines Tages ein Baeuerlein, das in einem grossen bunten Taschentuch
allerhand Waren eingepackt trug, die es wohl auf dem Markte erstanden
hatte.
Ich schaute den Bauern pruefend an. Er hatte ein offenes, nicht unkluges
Gesicht. Und der Mann ging zu Fuss und trug sein kleines Paket. Das war
einer fuer uns. An die reichen schlesischen Bauern
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