werde ich wirklich einmal hier Ferien vom Ich machen."
"Ich moechte es wohl auch", sagte die kleine Anneliese, "aber fuer mich ist
so etwas viel zu teuer."
"Du, meine Liebe", lachte Eva Bunkert, "du muesstest ganz andere Ferien vom
Ich haben - Weltstadtleben, Theater, Baelle, Autofahrten - man muss das
haben, was einem fehlt."
"Mir wuerde nichts fehlen in solchem Frieden", sagte die kleine Braune.
Ich ging mit den Maedchen durch unser Gelaende, fuehrte sie nach dem Rathaus,
nach der Lindenherberge, den "Stillen Weg" hinab ueber die Genovevenklause,
und als ich nach der Waldschoelzerei weiter wollte, passierten wir das
Zeughaus und das grosse Eingangstor. Dort gab es eine Auseinandersetzung
zwischen einem fremden Herrn und dem Tuerschliesser. Der Herr, der im
Reiseanzug war und eine kleine Handtasche trug, verlangte in ungestuemer
Weise mich zu sprechen, waehrend der Diener entgegnete, der Herr Doktor sei
aufs dringendste und unabkoemmlichste beschaeftigt, und unsere Anstalt wuerde
ueberhaupt erst am ersten Mai eroeffnet. Der Fremde liess sich nicht
abweisen, und als er mich erblickte, rief er:
"Ich moechte wetten, dass jener Herr der Doktor ist!" Damit schob er den
Diener beiseite und kam auf mich zu.
"Gestatten Sie, mein Herr, eine kurze Viertelstunde?"
"Sie sehen, ich habe Besuch!"
"Jawohl - es tut mir auch leid, Sie stoeren zu muessen, aber ich habe nur
eine Viertelstunde Zeit. Wenn ich mich vorstellen darf: George Brown,
Mitarbeiter der 'Staatsbuergerzeitung' in Neuyork. Ihr Geschaeftsfreund
Mister Stefenson hat mich persoenlich gebeten, Sie zu besuchen und Ihnen
dieses Schreiben zu ueberreichen."
Er uebergab mir einen Brief, den ich mit Erlaubnis der Damen oeffnete und
stellenweise vorlas:
"Neuyork, den 25. Maerz.
Mein Lieber!
Sie wollen nie recht zugeben, dass ich Sie genau kenne, aber mein Spuersinn
ist, was Sie anlangt, so gross, dass ich hier viel tausend Meilen von Ihnen
prophezeie, ohne besorgt zu sein, einen Irrtum zu begehen: Wenn Sie diesen
Brief durch Mister Brown erhalten werden, werden Sie gerade mit den Damen
Eva Bunkert und Annelies von Grill einen sehr vergnuegten Spaziergang durch
unser Heim machen. Ich beglueckwuensche Sie dazu und bitte, mich den
Herrschaften zu empfehlen.
Was Mister Brown anlangt, so empfehle ich Ihnen, diesen Herrn recht
ruecksichtsvoll zu behandeln, ihm nicht etwa zu sagen, Sie haetten
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