gerade
Besuch und daher keine Zeit fuer ihn. Denn Mister Brown ist einer der
einflussreichsten Journalisten in den Staaten, und wir werden den Zuzug aus
Amerika fuer unsere nach deutschen Normalbegriffen immerhin etwas
merkwuerdige Anstalt recht noetig haben.
Gruessen Sie Luise von ihrem Pappa, der sich sehr nach seinem Gaenschen
sehnt, aber noch nicht weiss, wann er zurueckkehren kann.
Stefenson."
Ich schaute verwundert auf Brown, den Ueberbringer dieser seltsamen
Epistel. Brown war ein Fuenfziger, der Kotelettbart und der Schnurrbart
sowie die gescheitelten Haare waren stark angegraut, der Anzug etwas
geschniegelt modern, die Wangen, wie mir schien, wohl ein wenig
geschminkt. Irgend etwas an dem Mann kam mir bekannt vor, auch in seiner
heiser klingenden Stimme. Vielleicht war ich ihm mal drueben begegnet. Ich
fragte ihn, ob er auf dem letzten grossen Pressekongress in Baltimore, den
ich besucht hatte, gewesen sei, und er erwiderte, dass er daselbst eine
Rede gehalten haette. Daher die matte Erinnerung.
Die Maedchen verwunderten sich nicht weniger ueber die seltsame Prophezeiung
in dem Stefensonschen Briefe als ich. Ich sagte, ich koenne mir das
ueberraschende Eintreffen einer solchen Voraussage nur dadurch erklaeren,
dass Stefenson vermutet habe, die Damen befaenden sich fuer laengere Zeit in
unserem Heim, ich mache mir wahrscheinlich oefters das Vergnuegen, sie
auszufuehren, und es koenne sich wohl so fuegen, dass uns Mister Brown
zusammen antraefe. Daraufhin weissage ein Mann wie Stefenson eben
darauflos. Treffe es nicht ein, schade es nicht, treffe es aber infolge
seines Glueckes ein, sei es ein guter Bluff.
Brown schuettelte den Kopf.
"Mister Stefenson ist kein Bluffer, er weiss immer, was er sagt."
"Sie kennen Mister Stefenson persoenlich?" fragte Eva Bunkert mit
unverhohlenem Interesse.
"Mein gnaediges Fraeulein", erwiderte Brown, "ich kenne alles, was man in
Neuyork und den Staaten kennen muss."
"Und Mister Stefenson gehoert zu dem, was man in Amerika kennen muss?"
"Ja, er gehoert dazu."
Der Journalist schloss sich unserem Rundgang an. Meist verhielt er sich
schweigend, sprach ueber das, was er sah, weder Lob noch Tadel aus, bat
nur, sich von Zeit zu Zeit eine Notiz machen zu duerfen, und stellte
ausserordentlich sachverstaendige Fragen, Fragen, die ich, sobald sie sich
in technische Einzelheiten verliefen, oft gar n
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