nmal hatte sie sich Alles ueberdacht, was sie dem jungen Manne
sagen wollte. Ihr Herz schlug in ungeduldiger Sehnsucht dem Augenblick
entgegen, in welchem sie ihn wiedersehen wuerden. Es war ja unmoeglich,
dass sein harter Sinn ihrer Liebe widerstehen koennte, da sie doch wusste,
dass sein Herz ihr gehoerte.
Mit bangem Zittern, aber mit einem gluecklichen, hoffnungsvollen Laecheln
auf den Lippen verliess sie kurze Zeit vor der festgesetzten Stunde ihre
Wohnung und begann auf der Thiergartenpromenade vor dem Hause ihrer
Eltern auf- und abzugehen, wie sie es oefter um diese Zeit zu thun
pflegte um frische Luft zu schoepfen.
Unruhig forschend tauchte sich ihr Blick in die Ferne, aber unter all
den alten Damen mit kleinen Huendchen in zierlichen blauen oder rothen
Maenteln, unter all den Herren, welche in dem regelmaessig abgemessenen
Spaziergang Erholung fuer die im Staub der Bureaus aller Arten
verbrachten Morgenstunden suchten, entdeckte sie Denjenigen nicht, dem
ihr Herz entgegenflog.
Langsam, in tiefe Gedanken versunken, schritt sie weiter.
"Guten Tag, Fraeulein Anna," ertoente ploetzlich eine Stimme unmittelbar
neben ihr, und rasch aufblickend sah sie den Referendarius von Rantow,
welcher sein Lorgnon vor den Augen, den Hut abnahm und sie zwar mit
einer tiefen und artigen Verbeugung, aber doch mit der Vertraulichkeit
eines alten Bekannten begruesste, welche sie um so unangenehmer beruehrte,
als ihr diese Begegnung gerade im gegenwaertigen Augenblick ungemein
unerwuenscht war.
Mit einer kalten und abweisenden Miene erwiderte sie den Gruss des jungen
Mannes, und wollte ihren Weg fortsetzen.
Herr von Rantow blieb an ihrer Seite.
"Ich habe Sie in den letzten Tagen in mehreren Gesellschaften vergeblich
gesucht, mein gnaediges Fraeulein," sagte er, "in denen ich Ihnen sonst zu
begegnen gewohnt war. Ich hoffe, Sie sind nicht leidend gewesen, Ihre
bluehende Farbe sollte mich beruhigen. Wo solche Rosen auf den Wangen
bluehen und solches Feuer aus den Augen leuchtet, kann Krankheit und
Leiden keinen Platz finden," fuegte er mit hoeflich gleichgueltigem Ton
hinzu, indem sein Blick oberflaechlich ueber das Gesicht und die Gestalt
des jungen Maedchen hinglitt.
"Ich danke, Herr von Rantow," sagte Anna mit dem Ton einer gewissen
Verlegenheit, "ich befinde mich ganz wohl und war nur etwas nervoes
verstimmt,--deshalb bin ich nicht in Gesellschaft gegangen und moechte
jetzt einen kleinen Gang in der freien Natur machen
|