ser oeffnete den Schrein, schob rasch alle Kostbarkeiten bei Seite und
griff hastig nach einem unscheinbaren Taefelchen von geglaettetem Buchs mit
einem schmalen Goldrahmen. Ein Ruf des Staunens entflog unwillkuerlich
seinen Lippen, sein Auge blitzte, er zeigte das Bild Belisar: "Ein
herrliches Weib, welche Majestaet der Stirn! ja man sieht die geborene
Herrscherin, die Koenigstochter!" und bewundernd sah er auf die edeln Zuege.
Da rauschte der Vorhang und die Lauscherin trat ein.
Es war Theodora, die Kaiserin: ein verfuehrerisches Weib. Alle Kuenste
weiblichen Erfindungsgeistes in einer Zeit des aeussersten Luxus und alle
Mittel eines Kaiserreichs wurden taeglich stundenlang aufgeboten, diese an
sich ausgezeichnete, aber durch ein zuegelloses Sinnenleben frueh
angegriffene Schoenheit frisch und blendend zu erhalten.
Goldstaub lieh ihrem dunkelblauschwarzen Haar metallischen Glanz: es war
am Nacken mit aller Sorgfalt gegen den Wirbel hinaufgekaemmt, den schoenen
Bau des Hinterkopfs, den feinen Ansatz des Halses zu zeigen.
Augenbrauen und Wimpern waren mit arabischem Stimmi glaenzend schwarz
gefaerbt: und so kuenstlich war das Rot der Lippen aufgetragen, dass selbst
Justinian, der diese Lippen kuesste, nie an eine Unterstuetzung der Natur
durch phoenikischen Purpur dachte. Jedes Haerchen an den alabasterweissen
Armen war sorgfaeltig ausgetilgt und das zarte Rosa der Fingernaegel
beschaeftigte taeglich eine besondere Sklavin lange Zeit.
Und doch haette Theodora, damals noch nicht vierzig Jahre alt, auch ohne
all' diese Kuenste fuer ein ganz auffallend schoenes Weib gelten muessen.
Edel freilich war dieses Antlitz nicht: kein grosser, ja kein stolzer
Gedanke sprach aus diesen angestrengten, unheimlich glaenzenden Augen: um
die Lippen schwebte ein zur Gewohnheit gewordenes Laecheln, das die Stelle
der ersten kuenftigen Falte ahnen liess: und die Wangen zeigten in der Naehe
der Augen Spuren mueder Erschoepfung.
Aber wie sie jetzt, mit ihrem suessesten Laecheln, auf Justinian zuschwebte,
das schwere Faltenkleid von dunkelgelber Seide zierlich mit der Linken
aufhebend, uebte die ganze Erscheinung einen betaeubenden Zauber, aehnlich
dem suessen einlullenden Geruch von indischem Balsam, der von ihr duftete.
"Was erfreut meinen kaiserlichen Herrn so sehr? darf ich seine Freude
teilen?" fragte sie mit suesser, einschmeichelnder Stimme. Die Anwesenden
warfen sich vor der Kaiserin zur Erde, kaum minder ehrerbietig als v
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