zig Jahre. Kluge, aber
allzuscharfe Zuege, das stechende Auge, der bartlose eingekniffne Mund: -
alles machte den Eindruck unangenehmer Pfiffigkeit.
Theodora nickte leicht auf seine kriechende Verbeugung; Galatea begann ihr
die Augenbrauen zu malen.
"Kaiserin," hob der Alte aengstlich an, "ich staune ueber deine Kuehnheit.
Wenn man mich hier saehe! Die Klugheit von neun Jahren waere durch einen
Augenblick vereitelt."
"Man wird dich aber nicht sehen, Petros," sagte Theodora ruhig. "Diese
Stunde ist die einzige, da ich vor der zudringlichen Zaertlichkeit
Justinians sicher bin. Es ist seine Betstunde. Ich muss sie ausbeuten so
gut ich kann. Gott erhalte ihm seine Froemmigkeit! Galatea, den Fruehwein.
Wie? Du fuerchtest doch nicht, mich mit diesem gefaehrlichen Verfuehrer
allein zu lassen?" Die Alte ging mit haesslichem Grinsen und kam gleich
zurueck, einen Henkelkrug suessen gewaermten Chierweins in der einen Hand,
Becher mit Wasser und Honig in der andern.
"Ich konnte heute unsere Unterredung nicht, wie gewoehnlich, in der Kirche
veranstalten, wo du in dem dunkeln Beichtstuhl einem Priester taeuschend
aehnlich siehst. Der Kaiser wird dich noch vor der Kirchenzeit zu sich
bescheiden und du musst zuvor genau unterrichtet sein."
"Was ist zu thun?"
"Petros," sagte Theodora, sich behaglich zuruecklehnend und langsam das
suesse Getraenk schluerfend, das Galatea mischte, "heute kam der Tag, der
unsere langjaehrige Muehe und Klugheit lohnen und dich zum grossen Mann
machen wird."
"Zeit waer' es," meinte der Rhetor.
"Nur nicht ungeduldig, Freund. (Galatea, etwas mehr Honig.) Um dich fuer
das heutige Geschaeft in die rechte Stimmung zu versetzen, wird es gut
sein, dich an das Vergangne, an die Entstehungsart unserer - Freundschaft
zu erinnern."
"Was soll das? Wozu ist das noetig?" sagte der Alte unbehaglich.
"Zu mancherlei. Also. Du warst der Vetter und Anhaenger meines Todfeindes
Narses. Folglich auch mein Feind. Jahrelang hast du im Dienste deines
Vetters mir entgegengearbeitet, mir wenig geschadet, dir selbst aber noch
weniger genutzt. Denn Narses, dein tugendhafter Freund, setzt seine Ehre
und seine Schlauheit darein, nie etwas fuer seine Verwandten zu thun, dass
man ihn nie, wie die andern Hoeflinge dieses Reiches, des Nepotismus zeihen
koenne.
Aus lauter Vorsicht und eitel Tugend liess er dich unbefoerdert. Du darbtest
und bliebst einfacher Schreiber. Aber ein feiner Kopf wie du weiss sich zu
helfen.
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