des Boethius Sohn, das Schiff des Belisarius besteigen
will, halt' ihn, noetigenfalls mit Gewalt, zurueck und sende ihn hierher in
meine Gemaecher: er ist zu meinem Kaemmerer ernannt. Ist's recht so, liebe
Schwester?" fluesterte sie.
"Tausend Dank," sagte diese mit leuchtenden Augen.
"Aber wie," rief die Kaiserin laut, ploetzlich an ihren Hals fassend, "und
die Hauptsache haetten wir vergessen? Mein Amulet, den Mercurius! Bitte,
Antonina, dort liegt es." Hastig wandte sich diese, den kleinen goldnen
Merkur, den besten Geleitsmann, der an seidner Schnur an dem Bette der
Kaiserin hing, zu holen. Inzwischen aber strich Theodora schnell das Wort
"Severinus" mit dem Goldgriffel aus, und schrieb dafuer "Anicius". Sie
klappte das Taefelchen zusammen, umschnuerte und siegelte es mit ihrem
Venusring.
"Hier das Amulet," sagte Antonina zurueckkommend.
"Und hier der Befehl!" laechelte die Kaiserin. "Du magst ihn selbst im
Augenblick der Abfahrt an Aristarchos uebergeben. Und jetzt," rief sie,
"jetzt auf: in die Kirche."
Zwanzigstes Kapitel.
In Neapolis, derjenigen Stadt Italiens, ueber welcher die zu Byzanz
aufsteigenden Wetterwolken sich zuerst entladen sollten, ahnte man nichts
von einer drohenden Gefahr. Da wandelten damals Tag fuer Tag an den
reizenden Haengen, welche nach dem Posilipp fuehren, oder an den Uferhoehen
im Suedosten der Stadt, in vertrautem Gespraech, alle Wonnen jugendlich
begeisterter Freundschaft geniessend, zwei herrliche Juenglinge, der eine in
braunen, der andre in goldnen Locken: die Dioskuren, Julius und Totila.
O schoene Zeit, da es die reine Seele, umweht von der frischen Morgenluft
des Lebens, noch unenttaeuscht und unermuedet, trunken von der Fuelle stolzer
Traeume, draengt, hinueberzufluten in ein gleich junges, gleich reiches,
gleich ueberschwaengliches Gemuet. Da staerkt sich der Vorsatz zu allem
Edelsten, der Aufschwung zu dem Hoechsten, der Flug bis in die lichte Naehe
des Goettlichen wird in der Mitteilung gewagt, in der seligen Gewissheit,
verstanden zu sein.
Wenn der Bluetenkranz in unsren Locken gewelkt ist und die Ernte unsres
Lebens beginnt, moegen wir laecheln ueber jene Traeume der Juenglingszeit und
Juenglingsfreundschaft; aber es ist kein Laecheln des Spottes; es ist ein
Ausdruck von jener Wehmut, mit der wir in nuechterner Herbstluft der suessen,
berauschenden Luefte des ersten Fruehlings gedenken. -
Der junge Gote und der junge Roeme
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