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des gebildeten Europas; und
zugleich haben wir durch lange Jahrhunderte fortgesetzte Uebung und
ausserdem durch eine Menge von Huelfsmitteln eine viel groessere Kraft,
als jene Voelker, die doch hinaufsteigen muessen, wenn sie eine
europaeische Sprache erlernen wollen. Schon beim blossen Sprechenlernen,
das vom Begreifen und wirklichen Verstehen einer Sprache himmelweit
verschieden ist, muessen sie ihren Geist mit einer ganzen Menge neuer
Anschauungen und Begriffe erweitern, die ihnen frueher aber auch ganz
unbekannt waren--und das meist vom Niveau einer Sprache aus, welche
strenges, logisches Verknuepfen und Ausdenken der Begriffe wenig genug
unterstuetzt.
Nicht anders ist es mit der Religion. Der Abstand von manchen der
Religionen dieser Voelker vom Christenthum mag, wenn auch die meisten
tiefer stehen, nicht groesser sein, als der des germanischen Heidenthums
von letzterem war; aber das Christenthum, was den Germanen gepredigt
wurde, war selbst ein ganz anderes, als was die Missionaere, wenigstens
die protestantischen, heut zu Tage predigen. Dann freilich, wenn man die
Berichte des sehr eifrig katholischen Michelis liest, so ist das, was
die Propaganda z.B. in der Suedsee gepredigt hat, an vielen Orten
ueberhaupt nicht, viel Anderes gewesen, als was jene Voelker schon
wussten: die katholischen Missionaere haben getauft und das Heidenthum
gelassen. Auf der andern Seite aber, wie so ganz unfassbar muss fuer die
ganz sinnlichen Naturvoelker eine so abstrakte Lehre sein, wie die
evangelische, die noch dazu auf Begriffen und Anschauungen beruht,
welche jene Voelker gar nicht haben. Und indem man ihnen das Christenthum
predigte, verlangte man, dass sie die Religion der Maenner annehmen
sollten, welche ihnen so alles Aergste zugefuegt hatten, der Weissen! Ja
hat man sie nicht auch gleich, damit ihnen nichts erspart bliebe, mit
dogmatischen Streitigkeiten beglueckt? In der ganzen Missionsgeschichte
der neueren Zeit ist vielleicht kein so trauriges Ereigniss als das
Auftreten der Propaganda in der Suedsee, wo eben die protestantische
Mission festen Fuss zu fassen und Fruechte ihrer muehevollen Arbeit zu
sehen begann. Das liess der katholischen Kirche nicht Ruhe: sie trat an
einzelnen Stellen mit rohster Gewalt (die dann durch Luegen aller Art
verdeckt wurde) der protestantischen Mission entgegen und brachte zu den
eben bekehrten Heiden den Streit der kirchlichen Parteien. Lutteroth,
den zu widerlegen Michelis sich vergebens
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