geistiges und leibliches
Sinken unter den Naturvoelkern ein. Was nicht unmittelbar vernichtet
wurde, das wurde im Innersten vergiftet und langsames Hinsiechen war die
nothwendige Folge.
Sec. 15. Schwierigkeit fuer die Naturvoelker, die moderne Kultur sich
anzueignen.
Aber wenn auch die europaeische Kultur den Naturvoelkern mit vollkommener
Freundlichkeit und Schonung zugefuehrt worden waere: diese Kultur bot auch
noch ausser denen, welche wir schon gesehen haben, die groessten
Schwierigkeiten und Gefahren, die wir jetzt betrachten muessen.
War es schon keine Kleinigkeit, dass diese Voelker fast alle ihre seit
Jahrhunderten eigenthuemlichen Ideen und Anschauungen aufgeben mussten,
so war es noch viel schwieriger, das aufzunehmen, was die Europaeer
brachten, die ganze unendlich verwickelte moderne Kultur! Das traf
besonders Polynesien und Australien; man denke sich die kleinen
Kokosinseln, die nun ploetzlich sich hineinfinden muessen in die ganze
europaeische Lebensart, in den europaeischen Handel, das europaeische
Recht, die Religion und so vieles andere--und sie muessen mehr als nur
oberflaechliches davon annehmen, wenn sie nicht verloren sein wollen. Um
wie viel gluecklicher waren auch hierin die Germanen, die sehr allmaehlich
eine viel weniger verwickelte Kultur aufzunehmen hatten; und doch wie
lange Zeit brauchten auch sie, bis sie diese Kultur vollkommen sich
assimilirt hatten! Ist es zu viel gesagt, wenn man behauptet, dass dies
erst im vorigen Jahrhundert durch das geistige Durchdringen des
Alterthums ganz geschehen sei?
Einzelne Punkte--denn vieles (Wohnung, Kleidung u.s.w.) ist schon in
dem bisher Behandelten wenigstens andeutend ausgesprochen worden--muessen
wir noch besonders beruecksichtigen. Zunaechst die Bewaffnung. Die
Feuerwaffen sich anzueignen ist weit schwieriger, als die Aneignung der
roemischen Taktik, da sie ausser der leiblichen Uebung noch die
Ueberwindung der Scheu vor Donner und Blitz, durch welche gerade man die
Weissen zuerst als Goetter dokumentirt sah, verlangen; da ihre Wirkung
weit uebernatuerlicher scheint, als die der roemischen Waffen.--Ferner die
Sprache. Uns Europaeern macht es sehr grosse Schwierigkeiten, die Sprache
eines Naturvolkes mit ihren anderen Anschauungen geistig zu erfassen;
und doch steigen wir herab, da jene Sprachen alle in der Entwicklung und
Verbindung der Gedanken so wie in der Fuelle der Anschauung weit weniger
vorgeschritten sind, als die Sprachen
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