ber damit, dass er in all seinen Einzelheiten an den
russischen Generalstab schon im Frieden verraten werden wuerde.
Jetzt ist das oesterreichisch-ungarische Heer nach ueberkuehnem Ansturm gegen
die russische Uebermacht in schwerste frontale Kaempfe verwickelt, ohne dass
wir augenblicklich in der Lage sind, unmittelbar zu helfen, wenngleich wir
starke feindliche Kraefte fesseln. Der Verbuendete muss auszuhalten
versuchen, bis wir auch noch Rennenkampf geschlagen haben. Erst dann sind
wir zur Hilfeleistung befaehigt, wenn auch nicht mit unserer gesamten
Staerke, so doch mit ihrem groessten Teile.
Rennenkampf steht, wie bekannt, in der Linie
Deime-Allenburg-Gerdauen-Angerburg. Was die Gegend suedoestlich von den
masurischen Seen fuer gegnerische Geheimnisse birgt, wissen wir nicht. Das
Gebiet von Grajewo ist jedenfalls verdaechtig. Dort herrscht viel Unruhe.
Noch verdaechtiger ist das Gebiet im Ruecken der Njemenarmee. Da ist ein
staendiges Marschieren und Fahren und anscheinend eine Bewegung nach
Suedwesten und Westen. Rennenkampf erhaelt zweifellos Verstaerkungen. Die
russischen Reservedivisionen in der Heimat sind ja schlagbereit geworden.
Vielleicht werden bis jetzt auch noch einzelne Korps verfuegbar, deren die
russische Oberste Heeresleitung gegen die Oesterreicher in Polen nicht mehr
zu beduerfen glaubt. Schickt man diese Verbaende zu Rennenkampf oder in
seine Naehe, sei es zur unmittelbaren Stuetze, sei es zu einem Schlage gegen
uns aus ueberraschender Richtung?
Rennenkampf verfuegt, soweit wir es beurteilen koennen, ueber mehr als
20 Infanteriedivisionen und steht still, bleibt es auch, waehrend unsere
Transporte aus dem Westen heranrollen und zum Kampfe gegen ihn
aufmarschieren. Warum benutzt er die Zeit unserer groessten Schwaeche, die
Zeit der Ermuedung unserer Truppen, ihrer Massenanhaeufung auf dem
Schlachtfelde von Tannenberg nicht, um uns anzufallen? Warum laesst er uns
Zeit, die Truppen zu entwirren, neu aufzumarschieren, auszuruhen, Ersatz
heranzuziehen? Der russische Fuehrer ist doch bekannt als vortrefflicher
Soldat und General. Als Russland in Ostasien kaempfte, klang unter allen
russischen Fuehrern der Name Rennenkampf am hellsten. War sein Ruhm damals
uebertrieben? Oder hat der General seine kriegerischen Eigenschaften in der
Zwischenzeit verloren?
Der soldatische Beruf hat schon manchmal selbst starke Naturen
ueberraschend schnell erschoepft. Wo in einem Jahre noch triebkraeftiger
Verstand,
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