eigentlich eine sehr leichte Operation, in der
rauhen Wirklichkeit aber doch nicht ganz so einfach. Der Durchbruchskeil
musste naemlich oberhalb Riga ueber die breite Duena in noerdlicher Richtung
vorgetrieben werden. Nun hatten freilich im Verlauf des Krieges grosse
Stroeme wesentlich an ihrem imponierenden Charakter als Hindernisse
eingebuesst. Hatte doch Generalfeldmarschall von Mackensen die maechtige
Donau angesichts des Gegners zweimal ueberschritten. Wir konnten uns also
an die Ueberwindung der schmaleren Duena mit leichterem Herzen heranwagen;
aber die grosse Schwierigkeit des Unternehmens lag darin, dass die
russischen vollbesetzten Schuetzengraeben sich ueberall dicht an dem
gegenueberliegenden Ufer hinzogen, die Duena wie einen nassen Festungsgraben
ausnuetzend.
Trotzdem gelingt am 1. September der kuehne Angriff, da der Russe in
unserem Vorbereitungsfeuer seine Uferstellungen verlaesst. Und auch die
Besatzung der grossen Flankenstellung westlich des Flusses weicht, Tag und
Nacht marschierend, ueber Riga nach Osten und entzieht sich dadurch leider
grossenteils rechtzeitig der Gefangenschaft.
Unser Angriff bei Riga ruft in Russland die groesste Sorge um Petersburg
hervor. Die Hauptstadt des Landes geraet in Aufregung. Sie fuehlt sich durch
unseren Angriff bei Riga unmittelbar bedroht. Petersburg, immer noch der
Kopf Russlands, gelangt in einen Zustand hoechster Nervositaet, der
sachliches, ruhiges Denken ausschliesst; sonst wuerde man dort wohl den
Zirkel in die Hand genommen haben, um die Entfernungen zu messen, die
unsere bei Riga siegreichen Truppen immer noch von der russischen
Hauptstadt trennen. Freilich nicht nur in Russland, auch in unserem
Vaterlande arbeitet die Phantasie bei dieser Gelegenheit sehr lebhaft und
vergisst Raum und Zeit. Man gibt sich auch bei uns starken Illusionen ueber
einen Vormarsch auf Petersburg hin. Offen gestanden wuerde diesen niemand
lieber durchgefuehrt haben als ich selbst. Ich verstand daher das Draengen
unserer Truppen und ihrer Fuehrer, das Vorgehen mindestens bis zum
Peipussee fortzusetzen. Allein wir mussten auf die Ausfuehrung all dieser
gewiss sehr schoenen Gedanken verzichten; sie haetten unsere Truppen zu lange
und in zu grosser Zahl in einer Richtung gefesselt, die mit unseren
weiteren Absichten nicht in Einklang zu bringen war. Unsere Aufmerksamkeit
musste sich vom Rigaischen Meerbusen der Kueste des Adriatischen Meeres
zuwenden. Darueber gleich nachher.
Koe
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