dem Baum selbst aus, andere bringen sie ihren Kindern. Es ist, als
saehe man einen Hirten, der die Milch seiner Heerde unter die Seinigen
vertheilt.
Ich habe den Eindruck geschildert, den der Kuhbaum auf die
Einbildungskraft des Reisenden macht, wenn er ihn zum erstenmale sieht.
Die wissenschaftliche Untersuchung zeigt, dass die physischen Eigenschaften
der thierischen und der vegetabilischen Stoffe im engsten Zusammenhang
stehen; aber sie benimmt dem Gegenstand, der uns in Erstaunen setzte, den
Anstrich des Wunderbaren, sie entkleidet ihn wohl auch zum Theil seines
Reizes. Nichts steht fuer sich allein da; chemische Grundstoffe, die, wie
man glaubte, nur den Thieren zukommen, finden sich in den Gewaechsen
gleichfalls. Ein gemeinsames Band umschlingt die ganze organische Natur.
Lange bevor die Chemie im Bluethenstaub, im Eiweiss der Blaetter und im
weisslichen Anflug unserer Pflaumen und Trauben kleine Wachstheilchen
entdeckte, verfertigten die Bewohner der Anden von Quindiu Kerzen aus der
dicken Wachsschicht, welche den Stamm einer Palme ueberzieht [_Ceroxylon
andicola_]. Vor wenigen Jahren wurde in Europa das _Caseum_, der
Grundstoff des Kaeses, in der Mandelmilch entdeckt; aber seit Jahrhunderten
gilt in den Gebirgen an der Kueste von Venezuela die Milch eines Baumes und
der Kaese, der sich in dieser vegetabilischen Milch absondert, fuer ein
gesundes Nahrungsmittel. Woher ruehrt dieser seltsame Gang in der
Entwicklung unserer Kenntnisse? Wie konnte das Volk in der einen Halbkugel
auf etwas kommen, was in der andern dem Scharfblick der Scheidekuenstler,
die doch gewoehnt sind die Natur zu befragen und sie auf ihrem
geheimnissvollen Gang zu belauschen, so lange entgangen ist? Daher, dass
einige wenige Elemente und verschiedenartig zusammengesetzte Grundstoffe
in mehreren Pflanzenfamilien vorkommen; daher, dass die Gattungen und Arten
dieser natuerlichen Familien nicht ueber die tropischen und die kalten und
gemaessigten Himmelsstriche gleich vertheilt sind; daher, dass Voelker, die
fast ganz von Pflanzenstoffen leben, vom Beduerfniss getrieben, mehligte
naehrende Stoffe ueberall finden, wo sie nur die Natur im Pflanzensaft, in
Rinden, Wurzeln oder Fruechten niedergelegt hat. Das Staerkmehl, das sich am
reinsten in den Getreidekoernern findet, ist in den Wurzeln der Arumarten,
der _Tacca pinnatifida_ und der _Jatropha Manihot_ mit einem scharfen,
zuweilen selbst giftigen Saft verbunden. Der amerikanische Wilde, wie de
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