denen er allein der Moral Licht und Leben erteilen kann. Es sind
dieses, mit einem Worte, die individualisierenden Gestus. Die Moral ist
ein allgemeiner Satz, aus den besondern Umstaenden der handelnden Personen
gezogen; durch seine Allgemeinheit wird er gewissermassen der Sache fremd,
er wird eine Ausschweifung, deren Beziehung auf das Gegenwaertige von dem
weniger aufmerksamen oder weniger scharfsinnigen Zuhoerer nicht bemerkt
oder nicht begriffen wird. Wann es daher ein Mittel gibt, diese Beziehung
sinnlich zu machen, das Symbolische der Moral wiederum auf das
Anschauende zurueckzubringen, und wann dieses Mittel gewisse Gestus sein
koennen, so muss sie der Schauspieler ja nicht zu machen versaeumen.
Man wird mich aus einem Exempel am besten verstehen. Ich nehme es, wie
mir es itzt beifaellt; der Schauspieler wird sich ohne Muehe auf noch weit
einleuchtendere besinnen.--Wenn Olint sich mit der Hoffnung schmeichelt,
Gott werde das Herz des Aladin bewegen, dass er so grausam mit den
Christen nicht verfahre, als er ihnen gedrohet: so kann Evander, als ein
alter Mann, nicht wohl anders, als ihm die Betrueglichkeit unsrer
Hoffnungen zu Gemuete fuehren.
"Vertraue nicht, mein Sohn, Hoffnungen, die betriegen!"
Sein Sohn ist ein feuriger Juengling, und in der Jugend ist man vorzueglich
geneigt, sich von der Zukunft nur das Beste zu versprechen.
"Da sie zu leichtlich glaubt, irrt muntre Jugend oft."
Doch indem besinnt er sich, dass das Alter zu dem entgegengesetzten Fehler
nicht weniger geneigt ist; er will den unverzagten Juengling nicht ganz
niederschlagen und faehret fort:
"Das Alter quaelt sich selbst, weil es zu wenig hofft."
Diese Sentenzen mit einer gleichgueltigen Aktion, mit einer nichts als
schoenen Bewegung des Armes begleiten, wuerde weit schlimmer sein, als sie
ganz ohne Aktion hersagen. Die einzige ihnen angemessene Aktion ist die,
welche ihre Allgemeinheit wieder auf das Besondere einschraenkt.
Die Zeile,
"Da sie zu leichtlich glaubt, irrt muntre Jugend oft"
muss in dem Tone, mit dem Gestu der vaeterlichen Warnung, an und gegen den
Olint gesprochen werden, weil Olint es ist, dessen unerfahrne
leichtglaeubige Jugend bei dem sorgsamen Alten diese Betrachtung
veranlasst. Die Zeile hingegen,
"Das Alter quaelt sich selbst, weil es zu wenig hofft"
erfordert den Ton, das Achselzucken, mit dem wir unsere eigene
Schwachheiten zu gestehen pflegen, und die Haende muessen sich notwendig
gegen die Brust
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