lische Kaufmann"
hat ihnen nicht Handlung genug; die Neugierde wird ihnen nicht genug
darin genaehret; die ganze Verwickelung ist in dem ersten Akte sichtbar.
Hiernaechst hat er ihnen zuviel Aehnlichkeit mit andern Stuecken, und den
besten Situationen fehlt die Neuheit. Freeport, meinen sie, haette nicht
den geringsten Funken von Liebe gegen die Lindane empfinden muessen; seine
gute Tat verliere dadurch alles Verdienst usw.
Es ist an dieser Kritik manches nicht ganz ungegruendet; indes sind wir
Deutschen es sehr wohl zufrieden, dass die Handlung nicht reicher und
verwickelter ist. Die englische Manier in diesem Punkte zerstreuet und
ermuedet uns; wir lieben einen einfaeltigen Plan, der sich auf einmal
uebersehen laesst. So wie die Englaender die franzoesischen Stuecke mit
Episoden erst vollpfropfen muessen, wenn sie auf ihrer Buehne gefallen
sollen; so muessten wir die englischen Stuecke von ihren Episoden erst
entladen, wenn wir unsere Buehne gluecklich damit bereichern wollten. Ihre
besten Lustspiele eines Congreve und Wycherley wuerden uns, ohne diesen
Ausbau des allzu wolluestigen Wuchses, unausstehlich sein. Mit ihren
Tragoedien werden wir noch eher fertig; diese sind zum Teil bei weitem
so verworren nicht, als ihre Komoedien, und verschiedene haben, ohne die
geringste Veraenderung, bei uns Glueck gemacht, welches ich von keiner
einzigen ihrer Komoedien zu sagen wuesste.
Auch die Italiener haben eine Uebersetzung von der "Schottlaenderin", die
in dem ersten Teile der theatralischen Bibliothek des Diodati stehet. Sie
folgt dem Originale Schritt vor Schritt, so wie die deutsche; nur eine
Szene zum Schlusse hat ihr der Italiener mehr gegeben. Voltaire sagte,
Frelon werde in der englischen Urschrift am Ende bestraft; aber so
verdient diese Bestrafung sei, so habe sie ihm doch dem Hauptinteresse zu
schaden geschienen; er habe sie also weggelassen. Dem Italiener duenkte
diese Entschuldigung nicht hinlaenglich, und er ergaenzte die Bestrafung
des Frelons aus seinem Kopfe; denn die Italiener sind grosse Liebhaber der
poetischen Gerechtigkeit.
Dreizehntes Stueck
Den 12. Junius 1767
Den neunten Abend (montags, den 4. Mai) sollte "Cenie" gespielet werden.
Es wurden aber auf einmal mehr als die Haelfte der Schauspieler durch
einen epidemischen Zufall ausserstand gesetzet, zu agieren; und man musste
sich so gut zu helfen suchen, als moeglich. Man wiederholte "Die neue
Agnese" und gab das Singspiel "Die Gouvernante
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