Sie hatte darum den Namen Baba Coaja[25.2] bekommen, "Mutter
Rinde," oder, weil sie so hart war wie eine Brotkruste, und so runzelig
wie eine alte Eiche. Sie allein verstand die Goldfaeden zu spinnen und
machte sie im voraus fuer viele hundert Jahre. Eine wunderschoene Tochter
hatte Baba Coaja, die hiess Alba,[25.3] "die Weisse," denn sie war weiss
wie der Schnee, der die Bergspitzen bestaendig bedeckt. Sie hatte eine
Haut wie Samt und braune Augen wie Samt, und Haar wie die Goldfaeden,
die die Mutter spann.
Sie war immer eingeschlossen, denn Baba Coaja hatte viel Arbeit fuer sie,
und es[25.4] sollte sie auch niemand sehen und keiner freien, Sie musste
die Goldfaeden aufwinden und in unterirdischen Kellern schichten, fuer
alle die hundert und hundert Jahre.
Diese Arbeit war aber der holden Maid sehr zur Last, weil die Mutter
allerlei boese Sprueche und Zauber sang und murmelte, waehrend sie spann,
so dass jeder Braut schon ihr Teil Unglueck und Herzeleid mitgegeben war,
sobald die Goldfaeden auf ihrem Haupte geruht, und Alba gedachte traurig
des Ungemachs, das so im voraus bestimmt wurde. Ja, sie setzte sich
sogar einmal selbst ans Rad, waehrend die Mutter fort war, und spann ein
Stueck, indem sie nur gutes wuenschte. Als aber Baba Coaja nach Hause kam,
wurde sie ganz wuetend, schlug ihre Tochter unbarmherzig und sagte: "Du
sollst nicht eher heiraten, als bis Du Dein eigenes Gespinst wieder
erkennst!" und damit[26.1] warf sie das Stueck zu dem uebrigen.
Die Alte war im Herzen froh, dass sie einen Vorwand hatte, ihre Tochter
bei sich zu behalten, da ihr prophezeit war, Alba werde[26.2] sehr
ungluecklich werden und frueh sterben. Das einzige Wesen auf der Welt, das
sie lieb hatte, war ihr holdes Kind; wie[26.3] sehr sie sich aber
bemuehte, Alba[26.4] Freude zu machen mit schoenen Kleidern und allerhand
huebschen Saechelchen, -- sie brachte doch keine Farbe in ihre Wangen und
kein Lachen in ihre Augen; denn das einzige, wonach sich das Maegdlein
sehnte, war Freiheit, und die ward ihr nicht zu teil. Wie gern[26.5]
waere sie einmal unter den Baeumen gewandelt, die den Fuss des Berges
schmueckten, auf dem sie lebte. Dort oben wuchs nichts als kurzes Gras,
und es war laenger Winter als Sommer. Wenn der Wind um die Burg heulte
und tobte, als wollte er sie in Stuecke reissen, dann wurde es[26.6] ihr
so traurig ums Herz; oft sass sie vor dem Kamin und starrte ins Feuer,
sah dem Funkenspruehen zu und dachte an gar nichts.
|