n in unsere Familie."
"Ja," sagte die Tante, "aber ich denke, er ist laengst tot, wenn man es
nur bestimmt erfahren koennte."
Da tat dem kleinen Burschen nebenan das Herz so weh, wie noch nie und er
fuehlte, wie lieb er seinen Vater hatte, trotz allem was geschehen war,
und dass er ganz zu ihm gehoerte. Und ein Zorn kochte in ihm auf gegen die
Menschen, die den Vater gern gestorben wuessten. Aber er durfte ja nichts
sagen, denn gar oft schon hatte die Mutter ihm vorgehalten, wie dankbar
sie gegen Onkel und Tante sein muessten.
In diesem Augenblick kam die Mutter zu ihm herein, hatte ihr Toechterchen
im weissen Nachtgewand im Arm und zeigte sie Gebhard: "Sieh, wie die
Kleine nett aussieht, sie soll noch der Tante gute Nacht sagen, komm
mit."
Ungern folgte Gebhard. Im Esszimmer wurde der kleine Liebling bewundert.
Der Onkel, der fuer gewoehnlich um diese Zeit nicht da war und das Kind
selten sah, freute sich an dem netten Anblick, wollte auch der Mutter
eine Freude machen und sagte schmeichelnd zu der Kleinen: "Willst du
denn auch einmal zu mir kommen, mein schoenes Juengferlein?"
"Nein, sie soll nicht!" rief ploetzlich mit rotem Kopf in aufbrausendem
Zorn Gebhard. Erschrocken wandten sich alle nach ihm um, aber er achtete
nicht auf die vorwurfsvollen Blicke. "Es ist nicht dein Juengferlein,"
rief er, "es ist dem Vater sein Juengferlein, und mir gehoert sie auch
mit. Gib sie mir, Mutter, mir, nicht dem Onkel!" Er draengte sich an die
Mutter, die ganz blass geworden war. "Was faellt dir ein, Gebhard!" und
sie wandte sich an den tief gekraenkten Bruder: "Verzeih, ich weiss gar
nicht, was dem Kind in den Sinn kommt!"
Die Schwaegerin sah, wie ihrem Mann der Zorn aufstieg. Sie wandte sich an
Helene: "Wenn du irgend etwas von Erziehung verstehst, so musst du das
Toechterchen dem Onkel geben und musst den unartigen Jungen zur Tuere
hinausstecken!"
"Ja freilich, du hast ganz recht," sagte Helene. Sie sah ein, dass sie
einen solchen Ton nicht dulden durfte, aber sie fuehlte durch, und sah es
Gebhard an, dass er tief erregt war, und er tat ihr so leid. Sie konnte
ihn nicht verstehen. Es war doch gar nichts vorgefallen, was ihn so
aufbringen und seine Rede entschuldigen konnte. So zog sie das Kindchen
zurueck, nach dem er noch immer begehrte, reichte es dem Onkel hin, und
sagte unsicher: "Ich muss dich aus dem Zimmer weisen, Gebhard!" Er sah
sie einen Augenblick erstaunt an, weil er so etwas noch nie von ihr
erfahren
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