Wege von
Guayra nach Caracas das Tiefland (die _Tierra caliente_) wie auf einem
Thurme beherrscht. Man denke sich, welchen Eindruck dieser Anblick auf
einen machen muss, der im Binnenlande zu Hause ist und an dieser Stelle zum
erstenmal das Meer und Schiffe sieht.
Ich habe durch unmittelbare Beobachtungen die Breite der Venta ermittelt,
um die Entfernung derselben von der Kueste genauer angeben zu koennen. Die
Breite ist 10 deg. 33{~PRIME~} 9{~DOUBLE PRIME~}; die Laenge des Orts schien mir nach dem Chronometer
etwa 2{~PRIME~} 47{~DOUBLE PRIME~} im Bogen westlich von der Stadt Caracas. Ich fand in dieser
Hoehe die Inclination der Magnetnadel 41 deg.,75, die Intensitaet der
magnetischen Kraft = 234 Schwingungen.
Von der Venta, auch _'Venta grande'_ genannt zum Unterschied von drei oder
vier andern kleinen Wirthshaeusern am Wege [Damals, jetzt sind fast alle
zerstoert.], geht es noch ueber 150 Toisen hinauf zum *Guayavo*. Diess ist
beinahe der hoechste Punkt der Strasse, ich ging aber mit dem Barometer noch
weiter, etwas ueber die *Cumbre* (Gipfel) hinauf, in die Schanze Cuchilla.
Da ich keinen Pass hatte (in fuenf Jahren bedurfte ich desselben nur bei der
Landung), so waere ich beinahe von einem Artillerieposten verhaftet worden.
Um die alten Soldaten zu besaenftigen, uebersetzte ich ihnen in spanische
Vares, wie viel Toisen der Posten ueber dem Meere liegt. Daran schien ihnen
sehr wenig gelegen, und wenn sie mich gehen liessen, so verdanke ich es
einem Andalusier, der gar freundlich wurde, als ich ihm sagte, die Berge
seines Heimathlandes, die Sierra Nevada de Grenada, seyen viel hoeher als
alle Berge in der Provinz Caracas.
Die Schanze Cuchilla liegt so hoch wie der Gipfel des Puy de Dome und etwa
150 Toisen niedriger als die Post auf dem Mont Cenis. Da die Stadt
Caracas, die Venta del Guayavo und der Hafen von Guayra so nahe bei
einander liegen, haetten Bonpland und ich gerne ein paar Tage
hintereinander die kleinen Schwankungen des Barometers gleichzeitig in
einem schmalen Thale, auf einer dem Wind ausgesetzten Hochebene und an der
Meereskueste beobachtet; aber die Luft war waehrend unseres Aufenthaltes an
diesen Orten nicht ruhig genug dazu. Ueberdem besass ich auch nicht den
dreifachen meteorologischen Apparat, der zu dieser Beobachtung
erforderlich ist, die ich Naturforschern, die nach mir das Land besuchen,
empfehlen moechte.
Als ich zum erstenmal ueber diese Hochebene nach der Hauptstadt von
Venezuela gin
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