Gute wird gewinnen
und verlieren, wird, selber sich in's Boese kehrend, aus edlem Eifer fort
und fort sein aeltres Werk dem juengeren zum Opfer bringen und nie
erfahren, woran er ist, was er zum Heil, zum Unheil eigentlich
gestiftet. Ich tret' deshalb auf der Verzagten Seite, die abgehaermt vom
blassen Gram des sittlichsten Entbehrens, um ihres Lebens schoensten
Inhalt sich betrogen fuehlt und mir nun weise raeth, die Welt zu nehmen
wie sie ist, nicht wie sie sollte sein,--dem Zufall zu vertrau'n und dem
Verstand, der reich an Kenntniss und an List, das Netz nur auswirft wo's
zu fischen giebt, im Uebrigen Gott walten laesst, die Herzenskammern wohl
verriegelt, das Christliche, die allgemeine Bruederschaft, Freiheit und
Gleichheit blos als Mittel conservirt, (laechelnd)--als Mittel zur
Umschuettelung, wenn im spirituosen Zauberbecher der suesse Genius sich zu
Boden senkte . . . Ich haett's schon lange wissen sollen und anders
stuend' es jetzt! Die Nemesis, des Irrthums strenge Raecherin, waer' nicht
beschworen, ihr flammendes Geschoss auf uns zu schleudern!
FRAU ZIEMENS. Beim Himmel, nein!
VATER ZIEMENS. Erforscht' ich je Dein Herz, so wird es schwer Dir
fallen, sie zu versoehnen.
ALBERT. Ich mach's getreu den klugen Fuechsen nach, die sich aus Eifer
fuer das allgemeine Wohl in einen frommen Schaafpelz huellen, Gesangbuch,
Katechismus, Bibel unterm Arm, demuethigen bussfertigen Schritt's
alltaeglich nach dem Kirchlein schleichen und dann, wo es auch sei, in
lustiger Gesellschaft, auf freiem Markt, im dunklen Boersenraum, ein
jedes Woertlein ihres suessen Odems mit Priesterbalsam wuerzen und
gottgefaelligen Spruechen, als wie "unrecht Gut gedeiht nicht; Jedem das
Seine; ehrlich waehrt am laengsten; selig die reines Herzens sind"--
VATER ZIEMENS. Albert, Albert!
FRAU ZIEMENS. Lass' ihn!
ALBERT. Der Erfolg wird lehren, Vater. Ich hoff' in wenigen Jahren ein
Mann zu sein, dem die Ehrwuerdigen der Stadt und alle Freunde guter alter
Ordnung ein schmeichelhaftes Seitenblickchen zollen.
VATER ZIEMENS. O waer' mein Name dann bereits vergessen!
ALBERT. Menschenhass, Eigenduenkel, Ehrgeiz, Selbstsucht, Neid--unter dem
Hute der Scheinheiligkeit geschickt versteckt, bilden die kardinale
Tugend der allgerechten christlichen Liebe, welche Hirten zu Koenigen
erhebt und die Pforten des festesten Gewissens nach Willkuehr oeffnet und
schliesst. Durchdenken Sie's nur tief, mein Vater; sie ruht auf sicherern
Saeulen als Ihr
|